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schweben und hören - von klang zu klang, 1991
Westdeutsche Zeitung, 2.12.1991: "Sphärisch und kaum zu definieren schwillt ein Ton an, nimmt langsam ab und mündet in melodische Klangfolgen. Unterschwellig und doch präsent sind die Klänge, die Schwebebahnfahrer in dieser Woche im Wagen Nummer 23 während der Fahrt hören können ... Eine Verbindung von Kunst, Technik und Lebensalltag”
SCHWEBEN UND HÖREN - VON KLANG ZU KLANG mit einer Wuppertaler Schwebebahn | Klanginstallation von H. Johannes Wallmann, KLANGZEIT WUPPERTAL, 30.11.-5.12. 1991 Veranstalter und KooperationspartnerVeranstalter: Kulturamt der Stadt Wuppertal, Sekretariat für gemeinsame Kulturarbeit in NRW, unterstützt von der Stiftung für Kunst und Kultur NRW und dem Programm "Kaleidoskop" der Europäischen Union Ein Moment des AbhebensEin Moment des Abhebens schwingt bei Fahrten mit der Wuppertaler Schwebebahn ebenso mit, wie die Faszination des Flusses, über dem sie entlanggleitet. Die Idee dieser Klanginstallation war es, das Gefühl des Schwebens zu unterstützen und zugleich dem dynamischen Prozess “alles fließt” (Heraklit) zu entsprechen. Jedem der 18 Streckenabschnitte zwischen den Stationen wurde eine eigene Tonhöhenskala zugeordnet, die jeweils um eine Tonhöhe (plus deren Oktavierungen) zur Skala der vorangegangenen und nachfolgenden Strecke unterschiedlich war. Dadurch vollzog sich klanglich ein allmähliches Gleiten von einem zum anderen Ende der ca. 17 km langen Gesamtstrecke der Schwebebahn, die so zugleich zu einer Strecke der Klangerfahrung wurde. Die zu hörenden Klänge sind zunächst nichts anderes als Klänge; sie sind keine Symbole von etwas anderem, sondern sie sind die Sache selbst. Vielleicht schaffen sie aber eine Ahnung davon, dass es noch etwas anderes als jenes gibt, auf das wir gewöhnlich hören und sehen. Drei Klangschichten
interagierten: Neben den erwähnten Grundklängen waren - entsprechend
der Dauernstruktur - jeweils 96 mögliche Varianten der 12 tageszeitlich
unterschiedlichen Modi sowie das durch einen Harmonizer verformte
Geräusch des Fahrtriebwerkes der Schwebebahn selbst zu hören. Die
Klänge und Modi wurden auf Grundlage der Tonhöhenskalen mit Hilfe eines
Synthezisers jeweils live kreiert und mit tageszeitlichen Varianten
sowie unter Einbeziehung von Zufallsoperationen durch den Computer live
gesteuert. Der Sound war so gewählt, daß er den verschiedenen
Eigenklängen und Geräuschen (Summen, Rauschen) der Schwebebahn ähnlich
war, sich aber doch deutlich aus diesen herauszuheben vermochte. Die
Klänge begannen jeweils erst nach dem Schließen der Türen, mit dem
Anfahren der Bahn und waren in ihrer Lautstärke eher zurückhaltend. Per
Quecksilberschalter, der auf starke Brems- und Anfahrvorgänge
reagierte, konnte der Fahrer zudem das Klanggeschehen beeinflussen.
Während des Projektzeitraumes kamen ca. 20.000 Schwebebahnfahrgäste mit
dem Projekt in Berührung. Viele Menschen warteten zum Teil Stunden, um
mit der Bahn fahren und das Projekt erleben zu können. Die am letzten
Tag spontan aufgenommenen Interviews belegen interessant die Meinungen
der Fahrgäste und die hohe Akzeptanz des Projektes. Uraufführung: Wuppertal 30.11. - 6.12. 1991 Westdeutsche Zeitung, 2.12.1991
zu »schweben und hören« Klanginstallation in einer Wuppertal Schwebebahn von Johannes Wallmann: Der Schwebebahnfahrer wird zum Dirigenten „Kaum haben sich die Türen der Schwebebahn geschlossen, dringen ungewohnte Töne durch die Bahn: Sphärisch und kaum zu definieren schwillt ein Ton an, nimmt langsam ab und mündet in melodische Klangfolgen. Unterschwellig und doch präsent sind die Klänge, die Schwebebahnfahrer in dieser Woche im Wagen Nummer 23 während der Fahrt hören können. ... „Eine Verbindung von Kunst, Technik und Lebensalltag”, verrät Johannes Wallmann, Ideengeber und Komponist ... .“ Sonntagsblatt, 15.12.1991
zu »schweben und hören« Klanginstallation in einer Wuppertal Schwebebahn von Johannes Wallmann: „Neun Tage lang hatte Musikhören in Wuppertal zwei besondere Voraussetzungen: zum einen, daß man gerade den Zug Nummer 23 dieser traditionsreichen Bahn erwischte, und zum anderen, daß man sich durch die dort bis zum 8.Dezember zu hörenden Klänge aufstören und sie wirken ließ. ... nicht zuletzt zog der zum Klingen gebrachte konkrete Zeuge technologischer Entwicklung, die Schwebebahn, den Hörer in Klangwelten mit, die fast kosmische Erlebnisse suggerierten.“ Stimmen von HörerInnen (KurzfassungFrage: „Das hören Sie nicht jeden Tag? Hörerin: „Ne, das hör ich nicht jeden Tag.“ Hörer: „Sie haben doch sicherlich
schon mal ein Konzert besucht - und die Musiker stimmen sich ein. Das
ist Ohrenschmaus gegen das, was hier geboten wird. andere Hörerin: „ich bin total begeistert. Frage: „Aus welchem Grund?“ andere Hörerin: „Ja, weiß ich nicht. Ich bin einfach ein spiritueller Mensch und nehme sehr viele Geräusche wahr; überhaupt alles, was so Sinnlichkeit ist. Und ich find` das unheimlich toll.“ Hörer: „Ich hab das gestern durch
Zufall gehört, weil ich damit fahren musste, und hab heute zu der
Tochter gesagt „das müssen wir nochmal wiederholen„“. Frage an ein Kind: „Wie findest Du das?“ Kind: „Das ist schön.“ Frage: „Das gefällt Dir? Wenn du jetzt die Wahl hättest zwischen 2 Schwebebahnen, würdest Du in diese hier einsteigen?“ Kind: „Ja!“ Frage: „Was hast Du so für Bilder im Kopf, wenn Du die Geräusche hörst?“ Kind: „Ja, Autobahn, Kirche …, ist unterschiedlich.“ weiterer Hörer: „Elektronik, Weltraum … “ anderes Kind: „Marsmusik“ weiterer Hörer: „Mond, ja Mond ...“ anderes Kind: „Mars oder Mond?“ weiterer Hörer: „So sphärisch, jedenfalls!“ andere Hörerin: „Ich finde das furchtbar; muss ich ehrlich sagen. Da sollen die Stadtwerke lieber die Heizung anmachen, wenn es kalt ist, dass man warme Beine kriegt, als wie diese Geräusche …“ weitere Hörerin: „Mir gefällt sowas! Ist doch kollektiver Wahnsinn, echt!“ Frage: „Als Dauereinrichtung oder nur eine bestimmte Zeit?“ anderer Hörer: „Als Dauer- … ja, doch.“ Artikelaktionen |