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entrée innen-aussen, 2000

H. Johannes Wallmann: entrée INNENKLANG-AUSSENKLANG im Berliner Dom

Das - in Kooperationsverträgen mit DeutschlandRadio, dem Berliner Dom, dem Haus der Kulturen der Welt und dem KLANG & ZEIT e.V. - ursprünglich für September 2000 geplante Gesamtprojekt INNENKLANG-AUSSENKLANG konnte bisher nicht finanziert werden. Daher nun das entrée-Projekt. Der zentrale Gedanke von INNENKLANG-AUSSENKLANG - die wechselseitige Beziehung von Innen und Aussen, von Utopie und Wirklichkeit, von artifiziell gestalteten Innenklängen und natürlich bzw. zivilisatorisch vorhandenen Aussenklängen - wird in diesem Entrée-Projekt durch eine Klangskulptur und - in Zusammenarbeit mit Karen Bartram - durch zwei Licht-Klang-Konzerte angesprochen, die speziell für die Architektur und Akustik des Berliner Domes entwickelt wurden.

Zeitschwingung 3

Klangskulptur von H.Johannes Wallmann in der Domkuppel

Herzschlag und Zwischenraum sind heilig.
der eine ist die Spiritualisation der Materie,
der andere die Materialisation des Geistes.
(nach William Irwin Thompson*)

10.-23. September 2000, täglich 9.30,10.30,11.30 bis
19.30 Uhr jeweils 8 Minuten (ausser während Veranstaltungen)

9. September 2000, 18-19 Uhr,
Eröffnung und Uraufführung mit Ksenija Lukic, Sopran

23. September 2000, 18-19 Uhr
1-stündige Aufführung

Aus acht in der Domkuppel symmetrisch angeordneten Lautsprecherboxen ertönen Sopranklänge, denen zu bestimmten Zeitpunkten Möwenschreie beigemischt sind. Die einzelnen Töne und Klänge befinden sich auf 12 voneinander unabhängig verlaufenden Zeitschleifen, die nach Relationen des Goldenen Schnittes strukturiert sind. Die Zeitschleifen verändern sich - gesteuert durch einen Computer - periodisch und bewirken dadurch eine ständige Veränderung der Ton- und Klangkonstellationen. Durch die immer neuen Konstellationen entsteht mit ZEITSCHWINGUNG 3 die räumliche Klangskulptur einer quasi unendlichen Musik, die in ihren Zeitabläufen sowohl linearen als auch zyklischen Charakter trägt. Das linear-ereignishafte europäische und das zyklisch-statische asiatische Zeitverständnis zeigen sich dabei als die zwei unterschiedlichen Seiten ein- und derselben Sache.

Idee und Komposition: H. Johannes Wallmann
Computerprogramm: Oliver Scheel
Sopranstimmen: Ksenija Lukic / Susanne Serfling
Tonaufnahmen: Tonstudio Uli Knothe

Licht-Klang-Konzert 1 | Wandelkonzert

Musik im Raum von H.Johannes Wallmann mit Texten von Hermann Hesse, William Irwin Thompson, H.Johannes Wallman, nach dem I GING sowie Lichtzeichnungen von Karen Bartram

9. September 2000, ab 20.30 Uhr (letzter Einlass: 23.00 Uhr)

Im Licht - Klang - Konzert 1 treten die im Innenraum des Domes erzeugten Instrumental- bzw. Vokalklänge nicht nur in ein Gegenüber zu Karen Bartrams Lichtzeichnungen, sondern auch zu Aussengeräuschen/Soundscapes. Doch anstelle der für das Gesamtprojekt urspünglich geplanten Liveübertragungen der Aussengeräusche aus Berlin und 7 Ländern der Erde sind Aussengeräusche und Soundscapes zu hören, die in den vergangenen Jahren an verschiedenen Orten aufgenommen wurden; Soundscapes mit Wasser-, Vögel-, Verkehrs- und Zivilisations-Geräuschen. Neben den Soundscapes und der Klangskulptur rufen zwei Sopranistinnen und vier Instrumentalisten im Wechselspiel verschiedener räumlicher Aufstellungen die ungewöhnliche Akustik des Domes wach. Das Konzert verläuft in 15 Phasen, die durch 12 Zäsuren und zwei kurze Pausen voneinander abgegrenzt sind. Während der Zäsuren und Pausen können Plätze gewechselt, kann gegangen oder gekommen werden.

Zur Raum-Musik von H.Johannes Wallmann ist von Karen Bartram das Projekt Raumschwingung - Lichtzeichnung 1 zu sehen. Mit dem Zusammenspiel von Diaprojektionen (8 Diaprojektoren), die direkt mit der Architektur korrespondieren, wird der Innenraum des Domes visuell neu definiert.

Kreisförmig aufgebaute Projektoren belichten die Innenwände des Domes, so dass die Projektionen den Innenraum ganz umfassen und einen neuen Raum bilden. Mit einer Choreografie von verschiedenen Projektionen und Lichtwechseln wird die Architektur des Domes zugleich analysiert und der Innenraum visuell neu geordnet. Der konkrete sakrale Raum wird phasenweise überblendet und zu einer allgemeinen Form von Raum hin geöffnet. Die Projektionen werfen Licht in Formen wie Linien und Punkte direkt an die Inszenierung der Kirche. Diese Formen beleuchten einerseits den sakralen Raum mit seinen Fresken und Details und entwickeln im Gesamtzusammenhang eine Raumzeichnung. Das Projezierte wechselt damit zwischen Beleuchten und Darstellen. So werden z.B. Wanddetails mit einem Lichtpunkt beleuchtet, der sich im Verlaufe der Diawechsel zu einer Linie entwickelt, die sich dann zu einer Raumstruktur zusammensetzt. Dieses Liniengerüst bildet zum Beispiel eine Zeichnung, die aus dem Aufbau der Domarchitektur abgeleitet wird. Auf diese Weise berühren sich die Oberfläche des Innenraumes und architektonische Struktur des Domgebäudes. Die Besucher erfahren damit zwei unterschiedliche Qualitäten von Raum, die ständig wechseln und sich überlagern.

mit dem Ensemble IO sowie Ksenija Lukic und Barbara Ehwald, Sopran,
Reinhard Bastian, Sergio Giordano, Hanno Koloska, Eckart Kummer, Fagott;
Tonmeister für die Einspielung der Aussenklänge: Andre Bartetzki;
Künstlerische Leitung: Karen Bartram und Johannes Wallmann
Konzert im Rahmen der KRYPTONALE VI,
in Kooperation mit dem Berliner Dom, mit freundlicher Unterstützung
der Senatsverwaltung für Wissenschaft, Forschung und Kultur

Licht-Klang-Konzert 2 | Wandelkonzert

Musik im Raum von H.Johannes Wallmann und Lichtzeichnungen von Karen Bartram

23. September 2000, ab 20.30 Uhr (letzter Einlass: 23.00 Uhr)

Während das Licht - Klang - Konzert 1 Aussengeräusche einbezieht, beschränkt sich die Musik von Licht - Klang - Konzert 2 ganz auf im Innenraum des Domes artifiziell erzeugte Instrumental- bzw. Vokalklänge. Neben der in der Domkuppel erklingenden Klangskulptur werden vier Saxophone von unterschiedlichen Positionen des Dom-Innenraumes Wallmanns "circulum - Musik im Raum für 4 Spieler" sowie "gleich den Vögeln" aufführen. Beide Kompositionen sind musikalische Kombinationsspiele, die auf klar definierten musikalischen Regeln, Skalen und Modi sowie dem hörgeleiteten Zusammenwirken aller mitspielenden Musiker beruhen. "circulum" enthält fünf musikalische Texturen - "Refrain", Klanglinien", "Schwingung", "gekerbte Zeit", "Akkorde" -, die ihrerseits in verschiedene Modi unterteilt sind und von den Spielern mittels musikalischer Textur-, Modus- und Variantenzeichen spontan auf unterschiedlichste Weise variiert und permutiert werden. Die Spieler haben dabei die Aufgabe, die kompositorisch nichtlinear definierte Logik des Spiels in ein lineares musikalisches Geschehen umzusetzen. In "gleich den Vögeln" haben die Spieler die Aufgabe, die detailliert notierten Motive miteinander zu musikalischen Strukturen zu verknüpfen. Ähnlich wie das erste Konzert verläuft auch das Licht - Klang - Konzert 2 in verschiedenen Phasen, zwischen denen die Zuhörer ihre Plätze wechseln, hereinkommen oder hinausgehen können. Es wird jedoch empfohlen, die oftmals stille Musik von einem ausgewählten Platz (z.B. liegend) ruhig und für eine möglichst lange Zeit auf sich wirken zu lassen.

Mit Raumschwingung - Lichtzeichnung 2 wird Karen Bartram die künstlerische Lichtgestaltung von Licht - Klang - Konzert 1 fortsetzen und den Dom mit einem konträren zeitgenössischen Raumkonzept konfrontieren, das auf der Idee und Raumempfindung der Moderne basiert. Wie im ersten Konzert erzeugen Diaprojektoren das zielgerichtete Licht und einen zusätzlichen Raum, der den vorhandenen als Zeichnung überlagert. Der neue Raumentwurf tritt mit dem vorhandenen Wilhelminischen Architekturkonzept in Dialog und löst ihn permanent ab und baut ihn mit gerichtetem Licht wieder auf. Die beiden "Raumauffassungen" verweben sich und lassen ein neues Gefühl von Raum entstehen.

Ensemble IO sowie Simone Otto, Ulrich Hauptmeier Christian Peters, Detlef Bensmann (Saxophone)
Künstlerische Leitung: Karen Bartram und Johannes Wallmann
Konzert im Rahmen der KRYPTONALE VI,
in Kooperation mit dem Berliner Dom, mit freundlicher Unterstützung
der Senatsverwaltung für Wissenschaft, Forschung und Kultur

Presse

Berliner Morgenpost, 13.9.2000 zu Entrée  von H. Johannes Wallmann

Experimentierfreudige Expedition in die Gefilde des Hörens „Im Berliner Dom kam mit Johannes Wallmann jener Komponist zu Wort, der vermutlich am weitesten über den reinen Effekt hinaus den Raum kompositorisch emanzipiert hat. Das erste der zwei neuen »Entrées zum weltumspannenden Projekt »Außenklang-Innenklang« machte mit vier Fagotten des IO-Ensembles und zwei Sopranistinnen unsichtbare Raumstrukturen der riesigen Halle erlebbar. Die goldenen Klänge der Fagotte von den Emporen verwandelten sich im warmem Nachhall zu Glockentönen. Wallmann macht Musik zum Naturerlebnis.“

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