"Schilf in Händen" - zu einem Grundmythos der Musik. Als Pan
nach Syrinx greift, fleht diese die Nymphen an, sie in Schilfrohr zu
verwandeln. So hält Pan, als er nach Synrinx greift, statt der Person
seiner Liebe und seines Sehnens nur Schilf in Händen. Doch der Wind streift
über das Schilf und erzeugt leise Töne. Pan hört diese und wird davon
ergriffen. Er bricht nun das Schilfrohr, stuft es fein ab und erzeugt
auf der so entstandenen ersten Schilfrohrflöte gleich dem Wind, doch mit
dem lebendigen Atem seiner Liebe, selbst leise Töne, durch die er Trost
über den Verlust von Syrinx gewinnt.
So anmutig tief das Bedürfnis nach Musik in diesem Mythos beschrieben
ist, so wahr bezeichnet es auch die folgenreiche Erfindung von Musik.
Im Kontrast zu den alten Kultinstrumenten, zu "Geräuschen dumpfer,
brüllender, rasselnder Art", tritt nun mit der - aus Schilfrohr
entstandenen - Flöte die wohlgeordnete Tonreihe hervor.
Die Komposition bezieht sich sowohl auf den Mythos um "Syrinx" (und
das gleichnamige Stück von Claude Debussy) als auch auf "Density 21,5"
von Edgar Varese. Auch Varese dürfte das Greifen des Schilfs im Kopf
gehabt haben, als er sein Stück "Density 21,5" nannte. Heute greifen wir
alle sozusagen in neues Material (bei Varese hieß es "Density 21,5").
Ist der Griff in "neues (musikalisches) Material" heute ein Griff, mit
dem sich Liebe, Sehnen, Hoffen verbindet? Welches Unterpfand könnte (wie
damals das Schilf in den Händen des Pan) heute Trost spenden oder
vielleicht sogar - indem es neu geordnet wird - nicht nur die
Bewältigung erlittener Verluste, sondern sogar neuen Lebens-Sinn
ermöglichen? Ist Musik als Verbindung von Natur und Kultur ein Synonym
für menschliche Gestaltungsfähigkeit? ...
Wir alle sind vom Wind der Veränderung umweht, der neues Hören, Denken, Tun erfordert.
(H.Johannes Wallmann - nach Ovid, Ernst Bloch, Heinz-Klaus Metzger)
UA der Fassg. für Blockflöten: "les trois en bloc", Festival in der Alten Spinnerei Leipzig 2007
UA der Fassg. für 3 Querflöten: Solisten des Rundfunk-Sinfonieorchester Berlin (Ulf Dieter Schaaff, Rudolf Döbler, Markus Schreiter) | Neues Museum Berlin, 29.9. 2011
Dauer: ca. 21 Min.
Aufführungsmat. vorhanden