"Geist geworfen gegen den Sturm, um kühn segelnd die Spaltung zu überwinden"
transforma: Das letzte Gedicht von Stéphane Mallarmé »UN COUP DE DÉS« (1897) -
einer der großen literarischen Würfe am Ende des 19.Jahrhunderts und
wohl der erste wirkliche gelungene einer grafischen Aufteilung,
Verknüpfung und Assoziierung von Worten und Wortgruppen – hat mich seit
1977 immer wieder beschäftigt und gereizt. Als 1997 die Idee der
Komposition einer Raummusik für 5 Soprane in den alten Wasserspeichern
entstand, war der lang erwartete Zugang, mich diesem aussergewöhnlichen
Mallarmé-Gedicht kompositorisch zu nähern, wie von selbst entstanden.
Dieses Gedicht am Ende des 20. Jahrhunderts und 100 Jahre nach seinem
Entstehen zu vertonen, war eine mich zutiefst berührende
Herausforderung. Liegt in ihm doch eine tiefe Reflexion des
scheiternden Menschen und vielleicht sogar eine vorweggenommene
Reflexion zur Moderne überhaupt. Die aus sieben Teilen bestehende
Komposition versucht Experimentelles und Sakrales in der Raumerfahrung
von Klängen zu verbinden: fernere, nähere, stehende, fallende oder
steigende Klänge und Töne, leise, laut gesungene, geraunte Worte,
gedehnte Zeit, choralhafte Sätze, extreme Stimmlagen, die sich im lang
nachhallenden Raum des alten Berliner Wasserspeichers verschieben. Von
der Komposition, die aus insgesamt sieben Teilen besteht, ist auf
dieser CD nur der erste Teil "lancé du fond d´un naufrage" ("geworfen
aus der Tiefe eines Scheiterns") zu hören. Zweimal taucht in diesem
ersten Teil der Satz auf "Esprit pour le jeter dans la tempete en
reployer la division et passe fièr" ("Geist geworfen gegen den Sturm, um kühn segelnd die Spaltung zu überwinden").
Der Gesamtmitschnitt der Uraufführung von "transforma" ist auf CD (39 min.) erhältlich.
1 lancé du fond d´un naufrage 8 : 22
2 une insinuation au silence 5 : 16
3 prince amer de l´écueil 3 : 53
4 la lucide aigrette 4 : 26
5 cétait le nombre 6 : 00
6 dans ces parages 3 : 10
7 une constellation 7 : 45
Berliner
Zeitung, 19.09.97 zur Uraufführung von »TRANSFORMA«
»...Danach tauchen wir doch noch ganz in den Raum ein, verschwinden in
ihm mit Wallmanns »Transforma«. Stimmen, hoch in der Frequenz, schweben
durch den alten Wasserspeicher, füllen den Raum ganz aus, und mehr als
einmal prallen sie aufeinander wie glitzernde Stahlkugeln. Hier wird
wahr, was die Idee der Kryptonale III ist: der Raum, wie er da ist,
bleibt sich selbst erhalten, der innere Raum weitet sich.«